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Aug 06

Eine erste volle Woche Kambodscha

Viele von euch fragen sich sicherlich wie es uns geht, und was wir den ganzen lieben langen Tag machen. Heute wollen wir euch (wenn auch etwas länger) berichten, wie so unsere erste Woche war. Es lohnt sich weiter zu lesen.

Mittwoch, 30.7.
Wir landen morgens, besorgen uns das Visum und SIMs fürs Handy und fahren mit dem Taxi zum Hotel. Das Taxi fährt einen Umweg weil endlich die Straße, wo das Hotel liegt, neu gemacht wird. Während wir auf unser Zimmer warten, entdeckt Josia an der Theke „teure Haribo“. Wir entscheiden uns dafür, dass er, da er den Flug so gut mitgemacht hat, sich welche aussuchen darf. Er nimmt die Haribowürmer. Zeigt auf die Würmer und sagt „Macht Aua“ – nein, diese Würmer machen zum Glück kein Aua, aber ja, sonst machen hier Würmer auch schon mal Aua! Wir sind zurück in Kambodscha und es ist wirklich warm hier. Spätnachmittags fahren wir mit dem TukTuk (Motorradkutsche) in den Supermarkt, ein paar Sachen wie Mückenschläger etc. kaufen, und danach zu unseren Khmer Freunden. Unsere ehemalige Haushaltshilfe Channy hat Geburtstag. Da wollen wir doch gratulieren. Es ist schön, sich nach über einem Jahr wieder zu sehen und gleich vertraut miteinander zu sein. Totmüde fallen wir ins Bett.

Donnerstag, 31.7.
Die Kinder haben in der Nacht sehr, sehr unruhig geschlafen. Wir entscheiden uns, noch eine weitere Nacht im Hotel zu bleiben. Wir sind einfach noch platt von den letzten Tagen. Wir fahren aber mit dem TukTuk zu dem Haus, das wir nun für die nächsten zwei Monate in Phnom Penh mieten werden. Eine riesige Straßenbaustelle hat sich in einem Jahr in eine riesige Straßen-Brücken-Kreuzung ohne jegliche Ampeln verwandelt. Wir staunen: hier tut sich echt was. Trotzdem brauchen wir etwa eine halbe Stunde bis wir ankommen. Die Haushaltshilfe erklärt uns alles, wir treffen kurz den Vermieter. Okay, hier werden wir also wohnen. Wenn wir noch ein paar Dinge sauber machen, geht das schon. Wir fahren bzw. holpern über kaputte Straßen wieder ans andere Ende der Stadt und holen unser Auto ab, welches wir für ein Jahr anderen Missionaren ausgeliehen haben. Bei ihnen unter dem Dach haben wir auch viele Sachen gelagert. Wir schauen schnell nach unseren Sachen und nehmen Josias Bobbycar mit ins Hotel. Da ist der Tag auch schon um und es ist dunkel. Wir sind völlig fertig. Aber wir wollen dann wenigstens mal kurz in den Pool hüpfen, wenn es hier schon einen gibt. Josia und Madita genießen es – wir auch. Das Wasser ist schön warm – selbst für Pete. Fühlt sich fast an wie Urlaub – aber nur fast.

Freitag, 1.8.
Wir packen unsere sieben Sachen, die gerade so alle ins Auto passen, und ziehen mit Kind und Kegel ins neue Heim. Die Leute, die hier sonst wohnen, sind eine amerikanisch-indische Familie. Sie haben alle ihre Sachen hier gelassen und wir können sie mitbenutzen. Super. Aber halt, wo sind die Messer? Oh, gibt es hier außer einem Fleischermesser und einem Kindermesser keine normalen Messer zum Essen? In Indien und Amerika braucht man wohl keine Messer. Also gehen wir in eine Super-Mall (Einkaufszentrum) etwas Essen und danach einkaufen. Im Aufzug steht ein Khmer, der die jeweiligen Stockwerke drückt. Ach ja, das gab es ja in Deutschland gar nicht, dass dort jemand für etwa $60 im Monat den Tag im Aufzug verbringt und Knöpfchen drückt. Wir entscheiden, dass Pete mit den Kindern ganz nach oben fährt, wo es diverse Kinderattraktionen gibt, während Anne versucht die notwendigsten Dinge zu kaufen. Mensch, ist das teuer. Nun, an die Preise werden wir uns wohl erst wieder gewöhnen müssen. Anne sucht verzweifelt nach Trockenhefe – glücklicherweise fällt ihr irgendwann ein, wie das auf Englisch heißt „Do you have yeast?“. Nee, ist leider gerade ausverkauft. Super, dann wird das wohl nichts mit Brot backen.

Samstag, 2.8.
Morgens packen wir ein paar unserer Dinge aus. Es gibt Spaghetti Bolognese und für Josia endlich mal wieder einen Mittagsschlaf. Anschließend entscheiden wir, dass wir unbedingt noch Handtücher brauchen, da wir außer Maditas Babyhandtücher keine mitgenommen haben. Etwas spät, aber doch noch rechtzeitig schaffen wir es zum „Russen Markt“ und finden einen Stand, der uns jede Menge Handtücher verkauft und sogar bis zum Auto trägt – was für ein Service. Wir fahren weiter zu einem anderen Supermarkt, ein paar Sachen kaufen und uns einen Überblick über die Preise schaffen. Es dauert Stunden bis wir abends uns durch den Verkehr wurschteln und wieder zurück sind. Wie gut, das man auch im Auto stillen kann. Ach ja, einen Maxi Cosi haben wir zurzeit gar nicht, der ist noch in Srae Ambel. Abends sind wir einfach total k.o. Das liegt garnicht am Jetlag, sondern viel eher am Klima. In der Nacht wacht Pete auf, weil ihm die Hand juckt. Unter dem Kopfkissen ist alles voller Ameisen. Licht an – und erstmal Ameisen killen. Und das, obwohl das Bett frisch bezogen war und keine Lebensmittelreste im Bett waren. Morgen müssen wir unbedingt Ameisengift in der Wohnung verteilen.

Sonntag, 3.8.
Wir fahren in die internationale Gemeinde. Leider schaffen wir es nicht ganz pünktlich. Egal, wir genießen die Gemeinschaft, lernen kurz zwei, drei neue Leute kennen und freuen uns einige wenige bekannte Gesichter zu sehen. Anschließend gehen wir zu Mike`s Burger zum Essen. Pete hatte sich so auf den Burger gefreut und muss feststellen, der schmeckt gar nicht mehr so lecker. Wir fahren erneut zu unseren gut verpackten Sachen und suchen nach ein paar wichtigen Dingen. Pete schleppt ein paar Kisten und Koffer die vier Stockwerke runter, verstaut alles im Auto. Nassgeschwitzt fahren wir zu einer internationalen Schule um dort im Pool zu planschen. Glücklicherweise haben wir uns damit das Duschen von Josia gespart, der nun wohl oder übel jeden Tag unter die Dusche muss, was nicht gerade seine Lieblingsbeschäftigung ist. Pete verteilt das Ameisengift im Haus – glücklicherweise hatten unsere Kollegen noch ein Päckchen bei unsere Sachen hingelegt. Das reicht erstmal für den Anfang. Pete’s neuer Rekord: Sechs mal duschen pro Tag. Abends kamen ihm mehrere Telefonate dazwischen und er war jedes Mal danach wieder verschwitzt und musste nochmal duschen bevor er ins Bett kam.

Montag, 4.8.
Die Haushaltshilfe kommt nicht. Wir rufen an, wenig später ist sie dann auch da. Schnell stellt sich heraus, dass irgendwas nicht in Ordnung ist. Wir fragen ein paar Mal nach, um wirklich sicher zu sein, dass wir auch alles richtig verstanden haben. Sie war im vierten Monat schwanger. Nun hat sie am Sonntag ihr Baby verloren. Eigentlich stimmte schon seit einer Woche irgendwas nicht. Sie hat immer ein wenig Blut verloren, aber die Ärzte sagten alles wäre in Ordnung. Dem Baby ginge es gut, sie könne weiter arbeiten. Am Sonntag verlor sie dann mehr Blut, ging nochmal zu einem anderen Arzt. Der sagte, dass das Baby schon seit einer Woche tot sei. Sie zeigt uns die Medikamente, die sie bekommen hat und fragt, ob die okay sind. Dann bittet sie uns, ein paar Tage frei zu bekommen und entschuldigt sich tausendmal für dies Umstände und bittet die Haushaltshilfe der Nachbarn uns zu helfen. Wir könnten heulen. Sie hat gerade ihr Baby verloren. Wir kommen auch so zurecht. Aber sie bangt um ihren Job, braucht dringend das Geld und traut sich gerade so, um ein paar freie Tage zu bitten? Wir sind wirklich in Kambodscha und die Welt scheint auf einmal wieder ein Stück ungerechter geworden zu sein. Dabei hat sich in dem letzten Jahr nichts geändert. Wir waren nur nicht so nah dran. Wir geben ihr ein wenig Geld und ein paar Tipps was sie machen soll, vergewissern uns, dass sie mit dem Moped zurückfahren kann und lassen sie ziehen.Wir beten für sie – auch wenn uns eigentlich die Worte fehlen.

Den Tag über waschen wir mehrere Tonnen voll Wäsche. Pete fährt zu Freunden wo das Moped ein Jahr lang rumstand. Er versucht es zu starten. Ruck zuck ist er nass geschwitzt aber der Motor läuft nicht. Da kommt ihm die zündende Idee etwas Rostlöser in den Ansaugstutzen zu spritzen. So hatte er es vor Jahren mit seinem Mofa gemacht. Siehe da, es springt sofort an. Noch schnell Luft in die Reifen und er fährt zum Flughafen und dann zum Ministerium um unsere Luftfracht zu bekommen. Er erhält die notwendigen Unterlagen, muss morgen nochmal dort hin. Er fährt zur Post, holt die gesammelte Post vom letzten Jahr aus unserer Postbox ab. Die müssten wir eigentlich schon im Februar bezahlen, aber außer ner Rechnung von Februar ist da noch kein Vermerk dran. Er trifft einen Khmerpastor – eigentlich dem, dem laut Papieren unser Haus in Srae Ambel gehört – redet kurz mit ihm bevor er mit einem anderen Khmer einem Ami zurecht rückt, weil der eine Bedienstete bei der Post völlig unmöglich behandelt. Am Abend sind wir beide platt – und Pete hat zusätzlich noch einen Sonnenbrand, auf dem Madita`s lange Fingernägel wunderschön kratzen.

Dienstag, 5.8.
Pete und Josia fahren mit dem Auto zum Ministerium um die notwendigen Papiere abzuholen. Der Beamte textet die Beiden auf Deutsch zu (die gute Verbindung zur DDR macht‘s möglich), und händigt die Sachen aus. Will noch nicht mal einen Dollar haben (den haben wir das letzte Mal nämlich gezahlt). Am Flughafen ist er leider um 11.20 Uhr schon zu spät – hier ist jetzt erst Mal Mittagspause. Nun, man sieht den kleinen süßen blonden Jungen und hat Erbarmen. Also, geht irgend so ein Bediensteter mit den Beiden zu tausend Leuten die ihre Unterschrift geben müssen bevor wir unsere Luftfracht bekommen können. Leider fehlt eine wichtige Person, die ist angeblich erst wieder um 14.30 Uhr da. Im Gateway Cafe probiert Pete nun den Burger und muss feststellen, dass dieser zwar kleiner aber mittlerweile besser als der bei Mikes Burger ist. Dann noch schnell ein Brett kaufen, zersägen, Rollen drunterschrauben um unsere Kisten später bewegen zu können. 14.45 Uhr wieder am Airport, leider ist der Kassierer immer noch nicht da. Josia spielt mit seinem Siku Bagger und den Khmer Auto hin und her schieben. Der Mann, der am Anfang Erbarmen hatte und sich zwischenzeitlich als Mercedes S-Klassen-Fahrer entpuppte, wundert sich zwischendurch dass die Beiden immer noch dort sind. Er meckert einen Bediensteten an, dass Pete für $15 Steuer doch nicht extra auf den Kassierer warten müsse. Pete solle das Geld dem Khmer geben und dann seine Sachen endlich mitnehmen. Na, geht doch. Aber das wäre dann auch schon heute Mittag gegangen… Egal. Auf einen Minilaster laden sie mit vier Leuten die Kisten und bringen sie zu unseren Freunden. Pete holt ein paar Legos aus der Kiste.Es ist schon nach 17.00 Uhr und eigentlich wollten wir in einer halben Stunde das kambodschanische Ehepaar mit denen wir zusammenarbeiten zu Besuch haben. Er fährt zurück und steckt mitten im Stau. Kreuzungen ohne Ampeln lassen den Verkehr mehr und mehr kollabieren. Autos stecken hoffnungslos fest. Pete biegt ab und fährt einen riesen Umweg. Zum Glück kann unser Auto auch durch hohes Wasser fahren und hat Allrad. Auch in der Stadt gibt es Offroad trails… Dank Geländewagen und GPS ist er schließlich schon um 18.30 Uhr samt Besuch da.

Anne hat derweil den Morgen auf dem nahe gelegenen Markt ein paar Dinge gekauft, die Mitarbeiter von der Hilfsorganisation GCT, mit denen wir zusammenarbeiten, besucht und Wäsche gewaschen. Nachdem der Brotteig fertig ist, versucht sie zunächst vergeblich den Backofen anzubekommen. Außer Gas zu riechen, passiert hier nichts. Nach fast einer Stunde kommt ihr die zündende Idee und das Brot ist im Ofen. Irgendwie scheint es nicht richtig zu werden. Hhm, was anderes zum Essen gibt es eigentlich nicht. Brot aus der Form nehmen, nochmal backen. Okay, vielleicht doch eher Pizza machen? Schnell noch nen Pizzateig ohne Küchenwaage gezaubert, allerdings nur mit Weizenvollkornmehl – Weizenmehl war irgendwie nicht da. Am Ende steht sogar leckeres Brot und Pizza auf dem Tisch. Wir haben eine gute Zeit mit den Beiden, Josia genießt es eine Stunde lang mit der elektronsichen Großmutter zu spielen (iPad) und Madita hat auch irgendwie diesen Tag überlebt. Ach ja, heute morgen hat sie sich zum ersten Mal gedreht. Das hätten wir fast nicht mitbekommen.

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Eine Woche ist nun fast um. Vieles ist erledigt, aber es steht noch vieles aus. Aber wir merken: wir müssen das Tempo runterschrauben. Man ist einfach nicht so belastbar wie in Deutschland. Und vieles ist anders und raubt Zeit – so wie das ständige Entfernen von Ameisen vom Computerbildschirm beim Schreiben dieses Textes.

1 Kommentar

  1. Doro Beyer

    Ich freue mich dass ihr gut angekommen seid und die Kinder die Reise gut geschafft haben ja das hört sich anstrengend an, wenn so vieles gemacht und organisiert werden
    Muss und man nicht richtig vorwärts kommt und dann noch immer dabei so schwitzen muss – das ist unvorstellbar wenn man es selbst nicht erlebt 6 x duschen und doch verschwitzt
    Und dann auch noch Ameisen im Bett – ja ihr nehmt echt viel auf euch, und ich wuensche euch für die naechsten Tage und Wochen viel kraft, dass ihr alle gesund bleibt und ganz schnell wieder in srae Ampel sein könnt, und erst da werdet ihr dann – hoffentlich – wieder ein bisschen routine bekommen und auch dadurch etwas Ruhe in den Alltag – aber ihr seid ja jung 🙂 :-). Braucht sicher noch keine routine und liebt das Abenteuer 🙂 :-). :-).

    Gottes segen für euch

    LG doro

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