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Jan 06

Friedenstochter

Vor einigen Wochen hatte ich sie kennen gelernt. Eine vierzigjährige hochschwangere Frau. Wanna heißt sie. An ihrer Seite ihr dreijähriger Junge. Sie sitzt auf einem typischen Khmerbetttisch vor ihrer Hütte und erzählt von sich. Ihr Mann hat sie verlassen. Plötzlich, ohne Vorwarnung, ist einfach nicht mehr gekommen. Wahrscheinlich hatte er noch ne andere Familie irgendwo auf dem Land. Sein Handy hat er ausgeschaltet. Er ist verschwunden aus ihrem Leben.

Geblieben sind ihre schwerhörigen Ohren, die von all den Schlägen immer schlechter geworden sind. Und geblieben ist auch das Baby, das nun in ihr wächst. Viel hat sie nicht zum Leben, aber ihre Nachbarn helfen ihr ein wenig. Ansonsten versucht sie mit 3000 Riel (knapp 50 Cent) am Tag auszukommen. Soviel verdient sie, wenn sie gebackene Waren verkauft. Tag für Tag läuft sie fleißig durch die Straßen Phnom Penhs bis sie ihr Korb leer ist. Sie läuft bis zu dem Abend, an dem bei ihr die Wehen einsetzen. Eigentlich hätte sie Frauen aus der Gemeinde anrufen sollen, zu der sie seit ein paar Wochen geht, aber jetzt sind die Schmerzen zu groß und sie hat alle Abmachungen vergessen.

Ihre Nachbarn bringen sie schnell in ein nahe gelegenes Krankenhaus. Zwei Stunden später ist ihre Tochter geboren. Der Arzt arbeitet nicht gründlich genug, so dass er nicht die komplette Nachgeburt rausholt. Sie wird ohnmächtig und kommt in ein anderes Krankenhaus. Dort holt man mit drei Leuten dann noch den Rest raus. Zwei Tage lang geht es gar nicht gut. Nachbarn raten ihr, jemand für sie zum Wahrsager gehen zu lassen. Das tut sie nicht. Als jemand im Scherz sagt, dass man ihre hübsche Tochter klauen würde, wenn sie schläft, hat sie Angst einzuschlafen. Sie weint, will ihre Tochter behalten auch wenn sie nicht weiß wie sie die beiden Kinder versorgen soll.

Leute aus der Gemeinde bringen sie nach Hause, in ihre Hütte. Eine Organisation hat bei den Krankenhauskosten geholfen, auch ein paar Sachen für das Baby gegeben, Die Gemeinde und andere haben auch ein wenig geholfen. Sie ist glücklich in ihren eigenen, einfachen vier Wänden. Hier kann ihr keiner ihre Tochter wegnehmen. Einen Namen hat die Kleine 6 Tage nach der Geburt noch nicht. Sie hat eine Frau aus der Gemeinde darum gebeten, der Tochter einen Namen zu geben. Nun berate ich gemeinsam mit ihr welcher Name wohl gut wäre. Wir kommen auf „Sandepieab“, das bedeutet Frieden, friedlich. Durch ihre Schwangerschaft ist sie das erste Mal mit Christen in Kontakt gekommen. Wir wünschen ihr, dass sie Frieden im Herzen findet durch Jesus und Frieden mit ihren Mitmenschen. Als wir sie am Nachmittag besuchen hat sie Tränen in den Augen als wir ihr von dem Namen ihrer Tochter erzählen. So heißt die Kleine nun Wanna Sandepieab. Und sie erzählt uns, sie habe heute auch nur ein Räucherstäbchen angezündet – eins für Gott!

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