«

»

Apr 01

Shortybeitrag: Wenn der Zahnstocher die Zahnbürste ersetzt

Unser Kurzzeitler (Shorty) Sam hat kürzlich zehn Tage im Dorf Plaung verbracht. Dort haben wir vor zwei Wochen eine neue Bibelgruppe gestartet und Pete wird dort im Juni wahrscheinlich mit der Handwerksausbildung beginnen. Hier nun ein Gastbeitrag von seinem Blog samuelhinz.wordpress.com:

Außerdem hat er ein sehr cooles Video von seiner Zeit im Dorf erstellt:

Um Land, Leute und Kultur noch einmal besser und von einer anderen Seite kennen zu lernen, entschloss ich mich mal bei einer einheimischen Familie mit zu wohnen. Und so verließ ich für 10 Tage mein mir vertrautes Heim und Dorf und zog in ein kleines Dörfchen zu einer mir vorab unbekannten Familie. Das Dorf liegt noch ländlicher als wir sowieso schon leben, ist umgeben von Reisfeldern und ab von irgendwelchen Verbindungsstraßen/-wegen zu anderen Dörfern.

Meine Gastfamilie vor ihrem Haus

Meine Gastfamilie vor ihrem Haus

Zu meiner Gastfamilie gehörten der Gastvater und die Gastmutter, beide knapp über die 70, und deren jüngster noch im Haus lebender 19 jährigen Tochter. Meine Hoffnung mich sprachlich in dieser Zeit weiter zu entwickeln, schien zumindest bei dieser Familie wenig erfolgsversprechend. Die Tochter war mir gegenüber enorm schüchtern und sprach mit mir nur, wenn ich sie etwas fragte. Mein Gastvater war schwerhörig und verstand mich somit einfach nicht. Die Krönung war aber meine Gastmutter. Sie sprach immer wieder mit mir, was echt klasse war. Das Problem: Ich verstand sie einfach nicht. Sie hatte kaum noch Zähne im Mund (wenn man nach dem Essen einen Zahnstocher, statt der Zahnbürste verwendet, ist es natürlich wenig verwunderlich, dass die Qualität des Mundwerks nachlässt) und zudem kaute sie ununterbrochen irgendwelchen Kautabak, was dazu führte, dass ich sie wahrscheinlich auch nicht verstanden hätte, wenn sie Deutsch gesprochen hätte.

Obwohl ich wenig Erwartungen oder Vorstellungen hatte, gestaltete sich das Leben vor Ort doch anders, als ich es mir zuvor gedacht habe. Entgegen meiner Erwartung gab es nämlich kaum was zu tun. Einige der Dorfbewohner zogen zwar ab und zu mal los um irgendwo Holz zu fällen oder Fische zu fangen, aber grundsätzlich leben die Bewohner hauptsächlich vom Reisanbau und da momentan weder Saat- noch Erntezeit ist, gibt es für viele keine Tätigkeit. Und so verbrachte ich, wie viele andere auch, meinen Tag größtenteils in der Hängematte und vertrieb mir die Zeit mit kleinen Spaziergängen durchs Dorf und besuchen der Leute. Zu denken, ich könnte mit den Besuchen bei den Leuten großesprachliche Fortschritte machen, erwies sich häufig auch als Trugschluss, da viele Bewohner die Langeweile mit Alkohol kompensierten und dann auch irgendwas lallten, was ich dann natürlich auch nicht mehr verstand. Glücklicherweise konnte ich drei jüngere Leute ausmachen, die auch ein paar Sätze Englisch sprachen, mit denen ich mich dann in einer Mischung aus Englisch und Khmer unterhalten konnte.

Wie die Einheimischen auch, ging ich etwa dreimal täglich zum Brunnen, schöpfte Wasser und duschte, beziehungsweise kühlte mich ab. Dass selbiges Brunnenwasser, was eher trüb als klar war, genauso als Spülwasser, Kochwasser, Trinkwasser verwendet wurde, erforderte von mir alle hygienischen Maßstäbe, die ich kennen gelernt habe, einfach auszublenden und dem Herrn zu vertrauen, dass ich irgendwie schon alles vertragen würde. Eher geschmacklich gewöhnungsbedürftig war hingegen, dass es drei mal täglich Reis gab und nahezu jedes Mal Fisch als Beilage. Sogar Nudeln wurden nur als Reisbeilage serviert. Zudem bekam ich beim Essen zu spüren, welche körperliche Herausforderung es ist, im Schneidersitz auf harten Boden zu speisen. Das meine Knochen anderes gewöhnt sind, merkte ich auch nachts. Eine herrlich komfortable Strohmatte diente mir als Schlafunterlage. Ganz im Ernst, ob ich nun auf der Matte oder auf dem Boden geschlafen hätte, da hätte sich vom Komfort nichts getan. Glücklicherweise konnte ich ja tagsüber in der Hängematte die schlechten Nächte ein wenig kompensieren.

Abends wurde dann das Casino geöffnet. In einer kleinen Hütte wurde sowas wie Würfelroulette gespielt. Insbesondere die Kinder und Jugendlichen verzockten hier ihr Geld, indem sie wetteten, welche Würfelbilder wohl als nächstes fallen würden. Viele der restlichen Dorfbewohner fanden sich abends vor einem der alten Röhrenfernsehern mit krisseligem Bild wieder und tranken zum Abschluss des Tages noch ein (oder eher mehrere) Bier oder Schnäpschen. Gegen 9 Uhr wurde es dann aber meistens dunkel und still im Dorf, da der nächste Tag ja auch um spätestens 6 Uhr wieder begann.

Mit meiner europäischen Denkweise, produktiv und nützlich zu sein, kam ich in dieser Zeit echt an meine Grenzen. Ich habe tatsächlich erlebt, dass nichts tun eine wirkliche Herausforderung sein kann. Auch wenn die Einwohner mit Familienzusammenhalt und Gemeinschaft aus meiner Sicht wichtige und gute Werte pflegen, sprechen der vielfach hohe Alkoholkonsum für mich doch auch dafür, dass die Einwohner ihr Leben auch nicht immer als erfüllend und befriedigend empfinden. Das genauso, wie die weiteren Erfahrungen, die ich machen durfte, waren echt interessant und haben mir einen guten Einblick in das Leben der Leute gegeben.

Im “Kiosk”

Im “Kiosk”

Beim Essen

Beim Essen

Kinder lieben Fotos machen

Kinder lieben Fotos machen

Küchenidee gefällig?

Küchenidee gefällig?

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert