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Aug 20

Das Reismeer

Das Reismeer

Wie ein großer, hellgrüner Teppich breiten sich die Reisfelder aus und verlieren sich irgendwo in der Weite. Hier und da tauchen ein paar kleine Hütten auf, in der Ferne auch mal ein größeres Haus, ein paar Ochsen, hier und da arbeiten Menschen in den Feldern. Wie Inseln, erheben sich hinter uns bewaldete Hügel. Auf einem von ihnen liegt Sre Ambel: ein paar Häuser mit einem herrlichen Blick auf ein Meer aus Reisfeldern. Wir befinden uns inmitten eines Fotos, wie man es in einem Asien-Kalender finden könnte:

Es ist wunderschön hier.

Die Luft ist schwül, aber klar. Das fällt uns plötzlich auf, nachdem wir ein Tage in der Hauptstadt Phnom Penh und der Touristen-Hochburg Siem Reap verbracht haben. Heute Morgen sind wir angekommen, die ganze Nacht haben wir im Reisebus verbracht. Sre Ambel. Zehn Tage werden wir nun hier Familie Stahl unterstützen, die den Menschen Hoffnung und eine Lebensperspektive schenken möchten. Wir wohnen im „Shorty-Haus“, eine Unterkunft extra für Kurzzeit-Freiwillige. In den nächsten Tagen werden wir Haus und Garten wieder in Schuss bringen, es gibt einiges zu tun! Darüber hinaus werden wir hier bei Kinderprogrammen helfen, beim Englisch-Unterricht unterstützen und in den umliegenden Dörfern mit Menschen über den Glauben ins Gespräch kommen.

Die gut ausgebaute Provinzstraße, die Sre Ambel passiert, führt in wenigen Autostunden bis an die Grenze von Thailand. Auch wenn diese Straße zwei Nationen miteinander verbindet, so grausam ist die Tatsache, dass sie womöglich viele kleine traurige Schicksale außer Land trägt. Kinder, die aus ihren Familien gerissen werden, um als Sklaven nach Thailand verkauft zu werden. Wir sind gerade einmal wenige Stunden hier und erleben, wie real das alles ist. Eigentlich wollten wir nur einen kleinen Spaziergang durch die Reisfelder machen. Wir schlurfen mit unseren Flip-Flops durch den tonfarbenen Boden, vorbei an kleinen Holzhütten. Unter einem Cocos-Baum begegnen wir einer Frau. Schüchtern lächeln sie uns zu uns spricht uns auf Khmai an, Englisch kann sie nicht. Später erfahren wir, dass vor einiger Zeit ein Fremder da war, der ihre älteste Tochter (6 Jahre) mitgenommen wurde. Jetzt ist sie in Thailand. Wer weiß, was aus ihr geworden ist. Kinder wie sie werden als Hausmädchen oder noch schlimmer: für die Sexindustrie. Auch das muss man sagen:

Es ist wirklich traurig hier.

Und doch sind wir hier, um auch dieser Seite von Kambodscha in die Augen zu schauen. Wir wollen nicht wegsehen. Wollen mit offen sein für die Menschen hier, mit unseren kleinen Möglichkeiten. Und sei es mit unseren Gebeten für ganz konkrete Anliegen. Heute Abend beten wir dafür, dass kein Kind mehr über diese kleine Straße Sre Ambel verlassen muss. Dass sie bleiben können in ihren Familien, die überall verteilt leben.
In diesem Meer aus Reis.

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